Hassel Smith

„...there are the West Coast legends Jay DeFeo and Hassel Smith, whose reputations have been as unstable as the Pollock drips and splatters that changed the world. (...) Hassel Smith (1915-2007) presents a bracing lesson for young artists already caught in the snares of an art world that at times has all the depth and subtlety of the red carpet on Oscars night. He was once mentioned along with abstract masters like de Kooning, Kline and Motherwell, then devolved to “West Coast underground legend,” then (kind of) vanished. But he kept working, and it’s the work that endures, as we’re reminded in this book, which examines Smith’s life and art and tries to re-establish his place in American painting. And in works like “A Rose” (1959) and “The Giant Salamander” (1961), Smith surely fits seamlessly.

Finding Beauty in Decay and Math, Art Books from Jay DeFeo, Per Kirkeby and Hassel Smith by Diana Jennings, in: THE NEW YORK TIMES, March 21, 2013, Review of Hassel Smith Paintings 1937-1997, edited by Petra Giloy-Hirtz (with two illustrations)

Seit Mitte der vierziger bis Anfang der fünfziger Jahre war Hassel Smith einer der einflussreichsten Lehrer an der California School of Art (heute San Francisco Art Institute), dem "center of experimental abstraction", zusammen etwa mit Clyfford Still, Richard Diebenkorn und Gastprofessoren wie Mark Rothko oder Ad Reinhardt. Das war die Dekade des abstrakten Expressionismus in der Bay Area nach 1945. In den sechziger Jahre geht Hassel Smith mit seiner Familie nach England, kehrt aber immer wieder nach Kalifornien zurück, als Gastdozent an die University of California in Berkeley, an die University of California in Los Angeles, in Davis oder an das San Francisco Art Institute. In Kalifornien sind auch seine wichtigsten Einzelausstellungen. Vertreten ist er in zahlreichen renommierten Sammlungen wie dem Los Angeles County Museum, dem San Francisco Museum of Modern Art, dem Whitney Museum New York oder der Tate Gallery London.

So ist Hassel Smith bekannt - und zugleich merkwürdig ver-kannt. In Europa war seine Arbeit nie zu sehen mit Ausnahme weniger Ausstellungen in England, wo er bis heute lebt. Der Kunstkritik gilt er als "West Coast underground legend". 1964 beklagt der bekannte Photograph John Coplans in seinem Essay Re-Discovering Hassel Smith in der Mai Ausgabe des Artforum die Vernachlässigung dieses Werkes, für die er das kulturelle Milieu der Westküste - im Gegensatz zu New York - verantwortlich macht. Er spricht enthusiastisch über "Hassel Smith's early, unique and important contributions; the extreme manner, for example, in which he develops the tension at the edge of the canvas ... none of the Eastern Painters, and that goes for Gorky, de Kooning and even Kline, developed it to quite the same extent." Und anläßlich der Retrospektive Hassel Smith: 55 Years of Painting im Sonoma County Museum 2002 fragt Art in America entflammt: "Where is the major survey this fascinating artist deserves?"

Hassel Smiths Malerei ist eine Malerei der Bewegung, voller Dynamik und außerordentlicher Energie, eine Malerei überbordender Farben, gestisch, Pinselstriche all-over, explosiv, sprühend vital. Nahe bei Rhythmus, Musik, Tanz. Kaum vorstellbar: das ist das "Alterswerk" des Künstlers, entstanden Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre! In unserer Ausstellung "West Coast Painting" zeigen wir Bilder mit ruhigen geschlosseneren Farbfeldern, biomorphe Formen, leicht, transparent, manchmal poetisch, ja geheimnisvoll, die dem Betrachter verschiedenste Assoziationen entlocken. Die organischen Konfigurationen scheinen von außen ins Bild hineinzudringen und von innen über die Bildgrenze hinaus - over the edge - in den Raum hinauszuweisen.

Hassel Smith ist schöpferisch ein langes Künstlerleben. Er erprobt die Möglichkeiten der Malerei: Figuration und geometrische Abstraktion und knüpft dann Mitte der achtziger Jahre an seine frühe Malerei des abstrakten Expressionismus an: mit großer Virtuosität entwickelt er seinen Stil weiter und schafft wunderbare Bilder.

Petra Giloy-Hirtz